In dieser Anleitung erklären wir dir:
WIE muss ich einen Motor einfahren
WARUM muss ich einen Motor einfahren
Dazu gibt es auch ein PDF zum ausdrucken
Autor: Alex Schuchmann
Position: Oldtimerexperte
Aktualisiert: 21.04.2021
Inhaltsverzeichnis:
Dieser Artikel bezieht sich in erster Linie auf 2-Takt Motoren, wie sie in vielen Mopeds und Rollern verbaut sind. Diese Anleitung ist z.B. gültig für Vespa, Simson und MZ Fahrzeuge.
Zunächst klären wir, was genau im Motor eigentlich eingefahren werden muss.
Ein Motor besteht aus über 100 Einzelteilen.
Es muss aber NUR die Zylindereinheit (bestehend aus Zylinder, Kolben, Kolbenringen) eingefahren werden.
Alle anderen Bauteile (z.B. Lager, Kurbelwelle, Kupplung, Getriebe usw.) müssen nicht eingefahren werden.
Das bedeutet: Wenn bei einem überholten Motor ein alter Zylinder verbaut wurde, ist KEIN Einfahren notwendig.
Im Zylinder entsteht die meiste Reibung. Der Kolben läuft hier permanent hin und her.
Der Kolben gleitet dabei im Zylinder entlang (genau wie die Kolbenringe).
Es handelt sich also um eine Gleitlagerung.
Bei neuen Zylinder ist die Oberfläche noch nicht perfekt glatt und es entsteht dadurch erhöhte Reibung.
Zudem sind neue Zylinder nicht perfekt auf das Maß gefertigt, welches im Betrieb nötig ist. Daher kann es sein, dass es an manchen Stellen noch etwas zu eng ist und erhöhte Reibung entsteht.
Das Kernproblem ist also die Oberflächenrauigkeit und Maßhaltigkeit.
Bei allen anderen Bauteilen im Motor besteht diese Problematik nicht.
Im Laufe der Einfahrzeit wird die Oberfläche im Zylinder geglättet und die Maße von Kolben und Zylinder passen sich perfekt an. Genau darum geht es beim Einfahren!
Brauchst du Hilfe?
Damit das Einfahren zum richtigen Ergebnis führt, ist es extrem wichtig, dass der Zylinder die spätere Betriebstemperatur erreicht!
Zylinder und Kolben dehnen sich mit zunehmender Temperatur aus.
Die Maße ändern sich also mit der Temperatur.
Wenn der Motor beim Einfahren NICHT auf die volle Temperatur kommt, dann wird der Motor auf das falsche Maß eingefahren.
Man muss also beim Einfahren darauf achten, dass man den Motor fordert. Er muss Leistung bringen und warm werden.
Es macht keinen Sinn, extrem vorsichtig und langsam zu fahren. Das schadet sogar.
Man muss das perfekte Mittelmaß zwischen Unterforderung und Überforderung finden.
Jetzt könnte man sich fragen:
Wenn der Motor auf der späteren Temperatur eingefahren werden soll, warum fahre ich dann nicht gleich ganz normal?!
Gute Frage!
Grund ist die erhöhte Innenreibung. Da der Zylinder/Kolben neu ist, entsteht mehr Wärme durch Reibung.
Würden wir direkt ganz normal fahren, dann hätten wir die normale Motorwärme + die erhöhte Reibungswärme.
Zusammen wäre das zu viel und der Motor würde überhitzen (Kolbenklemmer).
Daher müssen wir uns am Anfang etwas zurückhalten.
Umso länger wir aber fahren, desto glatter und maßhaltiger wird der Zylinder.
Dadurch reduziert sich auch die Innenreibung immer weiter.
Entsprechend können wir im Laufe der Zeit die Leistung und Drehzahl immer weiter steigern.
In der Realität bedeutet das folgendes:
Wir starten den Motor und fahren direkt los.
Wir fahren aber nicht mit voller Drehzahl sondern erstmal mit ca. 30-40 % der Maximaldrehzahl.
Bei den meisten Motoren sind das ca. 3000 U/min.
Wir beschleunigen und schalten immer, wenn wir ca. 3000 U/min erreichen (wenn man mal kurz drüber kommt ist das nicht schlimm).
Im Laufe der Zeit steigern wir die Drehzahlen/Geschwindigkeiten immer weiter.
Ein sehr wichtiger Punkt ist die Schmierung!
Ein Zweitaktmotor bekommt seine Schmierung über das Gemisch (zumindest fast alle Modelle die wir kennen).
Das bedeutet:
Wenn ich KEIN Gas gebe, bekommt der Motor auch KEIN Öl.
Entsprechend sollte man immer möglichst viel Gas geben.
Also bitte NICHT zögerlich fahren. Vollgas ist nicht schlimm!
Vollgas bedeutet –> Gasdrehgriff voll aufreißen.
Man spricht auch von Volllast.
Bitte nicht mit voller Drehzahl verwechseln!
Fazit: Wenn wir fahren, dann reißen wir das Gas voll auf, schalten aber früh.
Auf diese Weise bekommt der Motor genug Öl, wird aber trotzdem von der Drehzahl (und der Temperatur) her nicht überfordert.
Beim Ausrollen müssen wir aufpassen.
Logischerweise gibt man dann nämlich kein Gas.
Die Ölversorgung reißt also ab.
Das ist nicht schlimm, solange es nur ein paar Sekunden sind.
Man sollte aber aufpassen, dass man nicht 20-30 Sekunden ausrollt ohne Gas zu geben.
Man sollte bei längeren Bergabfahrten daher die Kupplung ziehen.
Die Ausrolldauer sollte am Anfang ca. 1-3 Sekunden betragen.
Gegen Ende der Einfahrzeit kann man das auf 20-30 Sekunden steigern (also im Grunde komplett ausrollen ohne Gas zu geben).
Die gesamte Einfahrdauer liegt im Bereich von ca. 3 Stunden.
Mit diesem Wert hatten wir (und unsere Kunden) bisher nie Probleme.
Man fährt also z.B. um 15:00 Uhr los. Maximaldrehzahl ca. 3000 U/min. Ausrollzeit ca. 1-3 Sek.
Um 16:00 steigert man die Maximaldrehzahl auf 5000 U/min. Ausrollzeit ca. 5-8 Sek.
Um 17:00 geht man auf 7000 U/min. Ausrollzeit ca. 10-15 Sek.
Um 18:00 ist das Einfahren beendet und man kann bis 9000 U/min drehen und 20-30 Sek ausrollen.
WICHTIG: Das waren jetzt Beispielwerte für einen Motor der bis ca. 9000 U/min dreht (typische Simson/Vespa/MZ).
Bei einem Tuningmotor der bis 15.000 U/min dreht sind die Werte entsprechend höher.
Wir haben diese Einfahranleitung selbst bei dutzenden Zylindern getestet ohne Probleme.
Wir haben die Einfahrzeit sogar schon auf 90 Minuten verkürzt – ohne Probleme.
Daher sollten 3 Stunden (180 Minuten) absolut sicher sein.
TROTZDEM IST EINES KLAR:
Wir übernehmen keine Haftung für Schäden, die aus dem Benutzen dieser Anleitung entstehen.
Diese Anleitung ist auf eigene Gefahr hin zu benutzen!
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Vielen Dank!
