Die Vespa TS 125 wurde Mitte/Ende der 70er Jahre gebaut.
Entsprechend sind die Motoren dieser Fahrzeuge heute (Stand 2021) ca. 40-45 Jahre alt.
Nach dieser Zeit hat ein Motor definitiv seine maximale Lebensdauer erreicht – eine Revision ist nun fällig
Autor: Alex Schuchmann
Position: Oldtimerexperte
Aktualisiert: 04.05.2021
Inhaltsverzeichnis:
Die nötigen Vorbereitungen haben wir schon getroffen:
Der Motor wurde ausgebaut, zerlegt, gereinigt und alle notwendigen Ersatztteile bestellt.
Jetzt ist alles da und die Motorrevision kann los gehen
Wir beginnen zunächst mit der Vorbereitung für die Vespa TS 125 Motorrevision.
Es gibt diverse Bauteile, die wir erst noch überarbeiten, bevor wir sie einbauen.
Dazu gehört der Primärdämpfer, die Silentgummis, diverse Teile des Motorgehäuses usw.
Legen wir los!
Bei vielen Vespas ist im Getriebe ein Primärdämpfer verbaut. Dieser sorgt dafür, dass das Getriebe geschont wird. Er federt sozusagen die Kraft des Motors ab.
Leider gehen die Federn im Primärdämpfer mit der Zeit kaputt.
Dann muss er aufgebohrt werden und die Federn müssen getauscht werden.
Jetzt werden die Abdeckbleche entfernt. Es zeigen sich direkt, dass viele Federn gebrochen sind.
Das Brechen der Federn kommt durch Materialermüdung. Früher oder später gehen sie kaputt.
Das Problem dabei: Die Bruchstücke können sich durch die Abdeckbleche Arbeiten und ins Getriebe fallen – mit fatalen Folgen.
Daher wird jetzt alles ordentlich neu gemacht. Die Zahnräder selbst sind in top Zustand.
Die Federn werden alle erneuert, genau wie die Abdeckbleche und Nieten.
Am Ende sieht der Primärdämpfer perfekt neu aus!
Und er funktioniert auch wieder wie neu 🙂
Das Schaltkreuz bei diesem Motor ist abgenutzt (siehe auf dem Bild rechts die äußere Kante).
Es ist eine bekannte Schwachstelle bei Vespa, dass die Schaltkreuze abnutzen.
Die Gefahr: Wenn die Abnutzung zu groß ist, können die Gänge herausspringen. Man kann dann nicht mehr richtig fahren.
Daher muss das unbedingt neu gemacht werden.
Wir verbauen direkt eine verstärkte Version der Firma BGM, damit es in Zukunft länger hält…
Eigentlich handelt es sich bei diesem Schaltkreuz um ein Tuningteil, aber im Endeffekt schadet es auch einem originalen Motor nicht.
Tuningteile sind stabiler ausgelegt und halten somit in Originalmotoren länger.
Auch die Schaltstange wird getauscht. Vorher vergleichen wir sie mit der Alten, um sicher zu stellen, dass es keine Maßabweichungen gibt.
Montiert wird das ganze mit Loctite Schraubensicherung. Danach ist die Abtriebswelle (wo das Schaltkreuz eingebaut ist) wieder neuwertig.
Die Abtriebswelle selbst ist bei Vespa äußerst robust und fast nie kaputt. Auch in diesem Fall waren an der Abtriebswelle fast keine Verschleißspuren
Der alte Motor sieht schon ziemlich schlimm aus. Technisch ist er aber noch top.
Entsprechend wird er komplett aufgearbeitet. Die Bilder sprechen für sich.
Dabei wird ein schonendes Verfahren verwendet, bei dem kein Material abgetragen wird. Man kann also direkt auf Dichtflächen und Lagersitze strahlen.
der Motor erstrahlt danach in neuem Glanz und ist kaum wieder zu erkennen.
Nach dem Strahlen werden alle teile äußerst gründlich gereinigt und konserviert.
Danach sieht der Motor nicht nur gut aus, sondern lässt sich auch angenehm montieren – an sauberen Teilen arbeitet es sich einfach besser.
Einer der Hauptgründe, warum eine Vespa nicht läuft, ist der Vergaser.
Ein Vergaser ist ein sehr altes System der Gemischaufbereitung.
Seit Jahrzehnten verwendet man nur noch Einspritzungen.
Bei einer Vespa 125 TS ist natürlich noch ein klassischer Dellorto SI Vergaser verbaut.
Dieser benötigt eine Reinigung + Neuabdichtung, damit er möglichst zuverlässig arbeiten kann.
Wie man sieht, hängt im Vergaser viel Dreck und Rostpartikel aus dem Tank drin.
Wir zerlegen den Vergaser daher komplett und legen ihn in das Ultraschallbad.
In diesem Bad können Verschmutzungen entfernt werden, an die man sonst nicht dran kommt.
Nach dieser Kur ist er wieder schön sauber. Zur Sicherheit kontrollieren wir noch alle Kanäle auf Durchlässigkeit.
Nun wird der Vergaser mit neuen Dichtungen (und neuer Nadel) montiert.
Er ist jetzt komplett neuwertig.
Einstellarbeiten sind keine notwendig, denn der Motor wird komplett original aufgebaut.
Lediglich Standgas und Leerlaufluft muss man einstellen, sobald der Motor läuft.
Dieser Punkt wird gerne vernachlässigt!
Bei der Vespa gehört der Motor zum Fahrwerk. Er ist sozusagen gleichzeitig auch die Hinterradschwinge.
Entsprechend ist er mit Gummibuchsen ausgestattet. Mit der Zeit werden diese Alt und porös.
Bei diesem Vespa TS 125 Motor sind die Gummis schon extrem verschlissen. Zeit zum tauschen!
Das hintere Silentgummi sieht zwar noch besser aus, hat aber auch schon viele Risse…
Insgesamt werden 3 neue Silentgummis inkl. Hülsen verbaut.
Danach ist das Fahrwerk wieder fit für mehrere Jahrzehnte.
Die Gummis müssen mit einer Presse in das Motorgehäus eingepresst werden.
Sie sind dort nicht verschraubt, sondern halten „nur“ durch Reibung.
Daher benötigt man auch viel Druck, um sie einzusetzen (meist über 1 Tonne).
Jetzt geht es los mit der Vespa TS 125 Motorrevision.
Schritt für Schritt werden alle Teile in den Motor eingesetzt. Dabei werden alle Lager und Dichtungen erneuert.
Auch die Verschraubungen und weitere Kleinteile werden erneuert.
Zunächst werden alle Teile in das Motorgehäuse eingebaut. Es geht also mit Getriebe und Kurbelwelle los.
Den Primärdämpfer haben wir ja schon vorbereitet. Teilweise wird er auch als Nebenwelle oder Tannenbaum bezeichnet.
Dies ist das erste Teil, das in den Motor eingesetzt wird.
Der Primärdämpfer wird auf der rechten Seite durch viele Nadeln gestützt. Diese Nadeln werden erneuert und mit Fett eingesetzt.
Eine relativ fummelige Arbeit!
Das Lager für die Antriebswelle wurde bereits in das Gehäuse eingesetzt.
Es folgt jetzt die Antriebswelle selbst.
Sie sitzt bis zum Anschlag im Lager, direkt neben der Nebenwelle.
Beim Montieren der Zahnräder ist Vorsicht geboten!
Man kann diese Zahnräder falsch herum einbauen, wodurch das Getriebe nicht mehr richtig funktioniert.
Man muss bei jedem Zahnrad die korrekte Position beachten.
Zusätzlich muss das Zahnradpaket auf das korrekte Maß ausdistanziert werden.
Zu wenig Distanz und das Getriebe ist schwergängig. Zuviel Distanz und das Getriebe rasselt.
Das Leerspiel beträgt übrigens nur wenige zehntel Millimeter.
Das alte Kickstartersegment war verschlissen. Entsprechend wird es ersetzt.
Wir vergleichen zur Sicherheit das Altteil mit dem Neuteil.
Grund?
Man kann sich leider nie 100%ig auf die Fertigung verlassen. Immer wieder finden wir Fertigungsfehler an Neuteilen.
Daher ist es absolut zu empfehlen, einen Vergleich vorzunehmen. Denn später kommt man an dieses Teil nicht mehr dran!
Beim Einbau des Kickstartersegments ersetzen wir auch gleich den O-Ring.
Wenn man das vergisst, ist der Motor später undicht.
Auch die Anschlagsgummis (2 Stück) erneuern wir direkt.
Die Kurbelwelle wird mit neuen Kugellagern ausgestattet.
Dabei nehmen wir verstärkte Lager aus Japan. Auch diese Lager sind eigentlich für Tuningmotoren gedacht.
Dennoch passen sie auch gut zu einem Originalmotor. Dort erhöhen sie die Lebgensdauer des Motors, sowie seine Robustheit.
Bei den Kurbelwellen können wir einen Hersteller sehr empfehlen:
Mazzucchelli!
Doppel Z, Doppel C, Doppel L
Mit diesen Kurbelwellen hatten wir noch nie Probleme.
Sie sind präziser gefertigt als die Originalen Piaggio Wellen!
Auf dem Bild rechts (oder unten) erkennt man den Wellendichtring (auch Simmerring genannt).
Dieses Teil ist extrem wichtig!
Es sorgt dafür, dass kein Getriebeöl in den Zylinder gelangt.
Würde das passieren, würde der Motor massiv qualmen und irgendwann nicht mehr funktionieren.
Da dieses Teil aus Gummi ist, unterliegt es einer natürlichen Alterung. Nach 30-40 Jahren ist es so stark ausgehärtet, dass es getauscht werden muss.
Das Teil kostet zwar nur weniger Euro, man muss aber leider den gesamten Motor zerlegen um dran zu kommen.
Nachdem der neue Simmerring eingebaut wurde, folgt die Kurbelwelle.
Die Lager werden zur Sicherheit direkt geölt.
Wir wollen ja, dass es später keine Probleme gibt nach der Vespa TS 125 Motorrevision.
Wir kontrollieren auch direkt nochmal den Drehschieber.
Das ist der Spalt, durch den das Gemisch angesaugt wird.
Die Flanke der Kurbelwelle steuert hierbei den Ansaugvorgang.
Entsprechend ist es extrem wichtig, dass Kurbelwelle und Motorgehäuse perfekt zueinander passen.
Bei jeder Vespa TS 125 Motorrevision wechseln wir auch die Kupplungsbeläge.
Muss man eigentlich nicht weiter erläutern.
Die Kupplung ist ein klassisches Verschleißteil.
Der Kupplungsdeckel wird auch direkt überholt.
Es werden neue O-Ringe und ein neues Ausrücklager eingebaut. Alles wird gefettet und gesäubert.
Dieser Punkt wird auch gerne vernachlässigt.
So muss das aussehen!
Gestrahlter Kupplungsdeckel mit neuem O-Ring. Da sieht man die 40 Jahre nicht mehr!
Die gesamte Kupplung wird nun an die Kurbelwelle geschraubt.
In diesem Fall ist übrigens das gesamte Kupplungspaket erneuert worden. Das Alte war einfach zu stark verschlissen.
Wir benutzen immer eine neue Kronenmutter + neues Sicherungsblech.
Nur so ist gewährleistet, dass die Kupplung im Betrieb nicht abreißt.
Wenn alles fest ist, kann der Deckel drauf. Diesen kleben wir zusätzlich mit Dichtmasse ein.
Dies hat sich immer wieder als Vorteil bestätigt.
Die Dichtmasse kann kleine Unebenheiten im Material ausgleichen und für höhere Dichtigkeit sorgen.
Bei einem 40 Jahre alten Motor ist das Material nie vollkommen perfekt. Daher ist Dichtmasse zu empfehlen.
Bei zu starken Schäden im Material muss natürlich gezielt repariert werden (z.B. durch Aluminium-Schweißen).
Jetzt kann man den Motorblock schon gut erkennen!
Nun bauen wir das Kraftwerk des Motors ein! Hier entsteht die Kraft, die uns antreibt!
Ich rede vom Zylinder!
Um genau zu sein von Kolben und Zylinder.
Der Kolben sitzt an der Kurbelwelle und verwandelt die Kraft der Explosion in eine oszillierende Bewegung (Hoch-runter).
Der Zylinder führt den Kolben und stellt die Kanäle für Frischgas und Abgas bereit.
Zuerst wird der Kolben an die Kurbelwelle montiert. Dabei verwenden wir auch ein neues Nadellager am Pleuel
Der Zylinder wird später einfach drüber gesteckt (so einfach ist es natürlich nicht, die Kolbenringe muss man vorsichtig einfädeln dabei).
Beim Einbau des Kolbens ist übrigens auf die Einbauposition zu achten.
Man muss den Kolben immer so montieren, dass der Pfeil Richtung Auslass zeigt.
Bei einer Vespa TS 125 Motorrevision bedeutet das: Pfeil nach unten!
Zudem muss man darauf achten, dass die Öffnungen der Kolbenclips nach UT oder OT zeigen.
UT = unterer Totpunkt
OT = oberer Totpunkt
Wenn alles passt, folgt zuletzt der Zylinderkopf.
Er wird über Kreuz gleichmäßig verschraubt und noch mit einer neuen Zündkerze ausgestattet.
Gut zu erkennen sind jetzt die vielen Kühlrippen.
Die Wärme entsteht ja hauptsächlich am Zylinder. Dot muss sie zügig abgeführt werden, damit der Motor nicht überhitzt.
Der Vergaser wird nun oben auf den Motor aufgesetzt.
Er sitzt dabei in der sogenannten Vergaserwanne.
Diese Wanne schützt den Vergaser vor Schmutz.
Das Problem: Bei einer Vespa läuft das Hinterrad direkt am Motor vorbei, nur wenige Zentimeter vom Vergaser entfernt.
Wäre diese Wanne nicht da, würde der komplett Dreck von der Straße direkt an den Vergaser fliegen.
Früher oder später würde das die Funktion beeinträchtigen.
Daher erneuern wir auch das Dichtband an der Wanne.
Dadurch bleibt alles schön dicht, wenn später der Deckel drauf kommt.
So sieht das Ergebnis aus:
Vergaserwanne mit Dichtband und neuwertigem Vergaser.
Später im Fahrzeug werden dort noch die Züge + Benzinschlauch + Luftfilter + Ansaugschlauch angeschlossen.
Anschließend kommt der Deckel drauf.
Eine Besonderheit bei diesem Motor ist der Umbau auf Elektronikzündung.
Original war hier eine unzuverlässige Unterbrecherzündung verbaut.
Was das Problem mit diesen Zündungstypen ist, haben wir hier beschrieben.
Da wir für unseren Kunden einen sehr zuverlässigen Motor bauen wollen, ist es notwendig, eine moderne Zündanlage zu montieren.
Wir haben uns für die Version von BGM entschieden.
Zuletzt kommt das Lüfterrad an den Motor.
Es ist zugleich Kühlung und Zündungsteil.
Einerseits enthält es die Magnete, die für die Zündung/Lichtmaschine nötig sind…
…zum anderen sorgt es für den Kühlstrom zum Zylinder.
Am hinteren Teil des Motors wird die neue CDI installiert.
Sie ist dafür da, den Zündfunken zu transformieren und zur Zündkerze zu schicken.
Nun werden noch die Komponenten für die hintere Bremse montiert.
Auch hier wird technisch und optisch alles perfektioniert
Damit sind jetzt auch die letzten Arbeiten am Motor abgeschlossen.
Dieser wunderschöne Motor ist jetzt bereit für den Einbau ins Fahrzeug.
Der Motor ist jetzt in perfektem Zustand. Man sieht ihm nicht an, dass er schon über 40 Jahre alt ist.
Die Bilder sprechen für sich…
Kurz und knapp: Das was du hier siehst, können wir auch bei deiner Vespa durchführen.
Wir sind auf die Überholung von klassischen Vespa Motoren spezialisiert.
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