Die Schwinge ist der vordere Teil des Fahrwerks bei einer Vespa. Sie besteht aus diversen beweglichen Teilen.
Im Rahmen einer Restauration ist es empfehlenswert, die Schwinge komplett zu überholen.
Dabei werden viele neue Lager, Dichtungen und O-Ringe eingebaut. Hier ist die Anleitung, wie das geht.
ACHTUNG: Eine 20 Tonnen Hydraulikpresse ist meist nötig!
Autor: Alex Schuchmann
Position: Oldtimerexperte
Aktualisiert: 27.08.2021
Inhaltsverzeichnis:
Zunächst wird die komplette Schwinge zerlegt.
Anschließend wird alles gereinigt (im Idealfall gestrahlt).
Die Lenksäule sollte lackiert werden, da sie aus Stahl ist und sonst rostet.
Schließlich wird die Schwinge wieder komplett montiert.
Zur Orientierung hier mal ein Bild, auf dem jedes Teil abgebildet ist:
Nachdem der Lenker abgenommen wurde und das Lenkkopflager oben aufgeschraubt wurde, kann man die Schwinge aus der Vespa herausziehen.
Zunächst wird dann der Kotflügel abgeschraubt (3 Schrauben)
Jetzt die 5 Muttern am Rad lösen und das Rad komplett abnehmen.
Jetzt haben wir die Schwinge einzeln vor uns
Jetzt den Plastikdeckel an der Bremstrommel ab machen. Darunter sehen wir eine Mutter, die mit Splint gesichert ist.
Den Splint einfach rausziehen oder abknipsen. Dann die Sicherungskappe abnehmen.
Jetzt wird die Mutter gelöst.
Man klopft dann mit einem Kunststoffhammer auf die Welle und trennt dadurch Bremstrommel und Schwinge
Jetzt bitte noch die Radlager ausbauen.
Dazu erstmal den Sicherungsring entfernen (siehe Bild) und dann einfach das Lager herausklopfen.
Zusätzlich ist im inneren Teil der Bremstrommel noch ein Nadellager mit Simmerring verbaut. Auch einfach herausklopfen.
Dazu eignet sich für den Heimwerker eine ganz normale Sechskantnuss mit Verlängerung am Besten.
Die Bremsbeläge sind jeweils mit einem Clip gesichert.
Einfach mit einer Spitzzange die Clips abziehen.
Danach kann man mit etwas Kraft die Bremsbeläge abziehen.
ggf. ein bisschen mit einem Schraubenzieher hebeln.
Jetzt demontieren wir den Bremshebel. Dieser besteht aus diversen Kleinteilen (siehe Explosionsbild oben).
Die Demontage ist aber sehr einfach: Zwei Muttern (M6) lösen und alles herausziehen.
Unbedingt auf alle Kleinteile achten. Es sind diverse Federscheiben und Anlaufscheiben vorhanden.
Als letztes wird dabei der Bremshebelarm entnommen.
Nun wird der Stoßdämpfer ausgebaut. Das ist ziemlich einfach.
Oben erstmal die Mutter lösen. Dann kann man die große Scheibe und den Gummiring abnehmen.
Anschließend einfach unten die beiden großen M8 Schrauben am Stoßdämpfer lösen. Schon hat man den Stoßdämpfer in der Hand.
Das Blech oben (wo der Stoßdämpfer eingeschraubt war) demontieren wir auch direkt (wieder 2x M8 Schraube)
Jetzt hebeln wir den großen Simmerring an der Bremsgrundplatte heraus.
Er ist dafür da, damit das Fett vom Tachoantrieb nicht an die Bremse kommt.
Nun werden noch drei Teile vom Tachoantrieb ausgebaut.
Zuerst wird das Gummi herausgehebelt, wodurch die Tachowelle geklemmt wird.
Danach wird das Tachoritzel und dessen Messing-Führung herausgenommen.
Als nächstes muss man ein bisschen im Fett noch einem Sicherungsring suchen.
Diesen einfach nach oben abnehmen.
Unter dem Sicherungsring sitzt auch noch eine Anlaufscheibe. Meist klebt diese sehr fest durch das Fett.
Jetzt können wir die Bremsgrundplatte komplett abnehmen.
In der Bremsgrundplatte sind noch zwei Nadellager drin. Bitte einfach wieder herausklopfen.
Es sollte jetzt noch ein V-Ring und ein großer O-Ring und eine Anlaufscheibe unter der Bremsgrundplatte zum Vorschein kommen.
Alle Teile einfach abnehmen.
Auf der Lenksäule ist auch noch die untere Lagerschale vom Lenkkopflager drauf.
Diese ziehen wir mit einem Spezialwerkzeug (siehe Bild) ab.
Es geht mit etwas Geduld auch, wenn man mit einem Schraubenzieher immer wieder ringsrum von unten dran schlägt.
Als letztes müssen wir die Krampen entfernen. Das sind diese Bleche, die viele kleine Arme haben, die nach Außen gespreizt sind.
Schon mal vorab: Der Ausbau ist oft sehr Gewaltintensiv…
Wir zerstören daher einfach die Kramen, um sie herauszubekommen. Meist führt kein Weg dran vorbei.
Die Krampen müssen sowieso erneuert werden. Sie sind grundsätzlich nur für eine einmalige Verwendung gedacht.
Wenn die Krampen draußen sind fehlt nur noch der Ausbau des Schwingenbolzens und der dazugehörigen Nadellager.
Der Bolzen wird herausgepresst.
Zunächst machen wir dazu ein Loch in das Nadellager (Hier sind verschlossene Nadellager verbaut, daher müssen wir an einer Seite durchbohren)
Wir setzten dann ein rundes Stahlstück auf dem Bolzen auf (es geht durch das Nadellager hindurch) und pressen dann von oben.
Achtung: I.d.R. sind 5-10 Tonnen Druck notwendig! Es ist unserer Erfahrung nach nicht möglich, diesen Arbeitsschritt mit einem Hammer durchzuführen.
Nachdem der Bolzen komplett draußen ist, sind wir fertig.
ggf. noch das übrige Nadellager aus der Schwinge herausklopfen. Ein paar O-Ringe und V-Ringe fallen meist noch heraus.
Jetzt ist alles zerlegt.
Wir strahlen nun diverse Teile, damit die Optik der Schwinge neuwertig ist.
Die Lenksäule lackieren wir zusätzlich nach dem Strahlen. Sie würde sonst rosten.
Zusätzlich besorgen wir diverse Neuteil:
Es werden alle Lager erneuert =
1- 2x Nadellager Schwinge
2- 2x Nadellager Bremsgrundplatte
3- Nadellager + Kugellager Bremstrommel
Zusätzlich werden Alle O-Ringe, V-Ringe und Simmerringe erneuert.
Zusätzlich werden die Bremsbeläge und das Lenkkopflager erneurt.
Der Stoßdämpfer wird erneuert.
Bei Bedarf werden Verschraubungen erneuert.
TIPP: Bei Scooter-Center gibt es eine Explosionszeichnung wo man sich alles schön zusammenklicken kann.
Jetzt geht es an die Montage.
Diese findet im Grunde einfach in der umgekehrten Reihenfolge statt.
Wir fangen mit dem schwierigsten zuerst an:
Es muss wieder der Schwingenbolzen eingepresst werden. Beim Einpressen braucht man i.d.R. etwas weniger Druck. Oft reichen 2-3 Tonnen.
Tipp: Die neuen O-Ringe schon (wie im Bild dargestellt) über die Schwinge drüber rollen. Dann kann man sie später (wenn alles eingebaut ist) einfach in ihre Soll-Position schieben.
Jetzt muss die Lenksäule in die Schwinge gesteckt werden. Am besten holt man sich eine helfende Hand.
Bitte UNBEDINGT darauf achten, dass die Schwinge richtigrum montiert wird! Siehe Bild.
Jetzt wird der Bolzen einfach eingepresst. Man muss ihn so einpressen, dass er genau mittig in der Lenksäule sitzt. Dazu einfach immer wieder mit dem Messschieber nachmessen.
Nun werden links und recht die neuen Nadellager eingepresst. I.d.R. kann man sie auch mit einem Hammer einklopfen.
TIPP: Neue Nadellager gibt es bereits mit eingebauten O-Ringen. Dadurch entfallen die V-Ringe.
Wenn man eine alte Version ohne O-Ring einbaut, dann bitte vorher noch den V-Ring aufstecken.
Die Nadellager vor dem Einbau bitte kräftig fetten.
Die Nadellager werden beidseitig so weit eingebaut, bis sie mit der verschlossenen Seite am Bolzen anliegen.
Jetzt werden die neuen Krampen beidseitig eingepresst. Sie müssen so weit rein, bis die Arme in der Nut sitzen.
TIPP: Manche neuen Krampen sind etwas zu groß gefertigt. Man muss dann die Arme außen etwas abschleifen, damit es passt.
Jetzt noch die O-Ringe in ihre Soll-Position rollen und fertig. Das Schlimmste ist geschafft.
Die untere Lagerschale mit Spritzschutz können wir auch schon direkt montieren. Einfach bis Anschlag drauf.
Am besten mit einem langen Rohr. Aber Vorsicht: Lauffläche nicht beschädigen!
Jetzt bereiten wir die Bremsgrundplatte vor.
Dazu werden beidseitig neue Nadellager eingetrieben. Dies kann einfach mit einem Hammer und einem passenden Rundmaterial erfolgen.
Die Nadellager haben keinen Anschlag!
Das innere Nadellager wird einfach bündig eingebaut, sodass es auf gleicher Höhe wie der Rand ist.
Das äußere Nadellager (was näher an der Schwinge sitzt) muss einige Millimeter weiter eingetrieben werden, da noch ein V-Ring davor sitzen muss.
Jetzt alles fetten.
Jetzt wird die Bremsgrundplatte aufgesetzt. Wie man auf dem Foto sieht haben wir auf der Achse bereits die Anlaufscheibe aufgelegt und den V-Ring.
An der Bremsgrundplatte wurde der große O-Ring übergestülpt. Dieser wird mit den Fingern zurückgehalten.
Jetzt einfach aufstecken bis Anschlag.
Von Innen wird jetzt zunächst eine Anlaufscheibe auf die Achse gesteckt.
Dann wird ein der Sicherungsring montiert. Somit ist die Bremsgrundplatte fest in ihrer Position.
Nun montieren wir den Tachoantrieb (Erst Ritzel, dann Führung, dann Gummiklemmung).
Zusätzlich montieren wir den großen Wellendichtring (siehe Bild)
Dann alles richtig kräftig fetten.
Das Blech, welches das Haltegummi für die Tachowelle quetscht, bauen wir auch direkt ein.
Weiter gehts mit dem Bremshebel.
Zunächst wird der Bremshebelarm eingebaut.
Hier bitte genau auf die Kleinteile achten. Schau dir oben nochmal die Explosionszeichnung an.
An der Verschraubung hinten hat er 2x Anlaufscheibe + 1x Hülse + 1x U-Scheibe + 1x Schraube.
Zusätzlich ist vorne über dem Bremshebelarm eine große Federscheibe aufgesteckt.
Wenn das montiert ist, wird der Bremsnocken einfach gefettet von innen durchgesteckt und außen an den Bremshebel verschraubt.
Jetzt werden die neuen Bremsbeläge mit Feder aufgesteckt.
Bitte an die Sicherungsclips hinten denken
Jetzt bauen wir das Nadellager in die Bremstrommel ein. Es wird so weit eingetrieben, dass noch Platz für den kleinen Simmerring ist.
bitte fetten.
Der Simmerring sitzt dann bündig.
Von Außen kommt noch das Radlager bis Anschlag rein und wird gesichert.
Jetzt wird die Bremstrommel aufgesteckt und verschraubt. Es ist keine Unterlegscheibe unter der Mutter. Es wird direkt auf den Innenring des Lagers geschraubt.
Anschließend mit Sicherungskappe und neuem Splint sichern.
Jetzt Stoßdämpfer mit Halteblech oben einbauen.
Dabei die zwei Gummischeiben über und unter dem Halteblech beachten.
Schau dir am besten nochmal die Explosionszeichnung oben an.
Auch unten verschrauben…
Jetzt noch den Kotflügel und die seitliche Plastikabdeckung montieren und fertig ist die Schwinge!
Das Rad montieren wir i.d.R. erst später, damit die Schwinge nicht zu schwer wird. Man muss sie ja noch in die Vespa reinhängen.
Wenn du eine Vespa hast, wo die Schwinge überholt werden muss, können wir das gerne übernehmen. Oft macht man so etwas im Rahmen einer Restauration.
Meist muss das Fahrzeug dann sowieso komplett zerlegt und zusammengebaut werden. Oft wird sowieso die ganze Vespa restauriert und somit auch eine Motorrevision gemacht. All das führen wir bei uns im Betrieb durch
Du hast mit uns also einen Ansprechpartner für alle Themen rund um deine Vespa. Auch wenn es um das Thema Vespa lackieren geht.