Das Thema Simson Restauration ist extrem umfangreich. Es gibt diverse verschiedene Meinungen, Preisvorstellungen und Herangehensweisen.
Wir zeigen dir hier ganz genau, was Sache ist! Kein Geschwätz, sondern klare Fakten, Bilder und Erfahrungen aus knapp 15 Jahren.
Autor: Alex Schuchmann
Position: Oldtimerexperte
Aktualisiert: 20.04.2021
Erst klären wir in diesem Artikel, was eine Restauration überhaupt ist.
Danach erklären wir den Ablauf einer professionellen Restauration & worauf zu achten ist.
Dann geben wir einige Infos zu Preisen (Stand 2021). Du kannst auch direkt zu dein Preisen springen, wenn dich das interessiert.
Abschließend zeigen wir dir, welche Gefahren bei diesem Thema lauern!
Es gibt natürlich keine gesetzlich festgelegte Definition, was eine „Simson Restauration“ ist.
Allerdings haben sich im Oldtimermarkt Richtlinien etabliert, an denen man sich orientieren kann.
Insbesondere die Classic Data Zustandsnoten sind hier eine gute Vorgabe. Dort ist schon genau definiert, was eine ordentlich Restauration ist:
Eine perfekte Restauration ist ein „Makelloser Zustand. Keine Mängel, Beschädigungen oder Gebrauchsspuren an der Technik und an der Optik“ (Zitat Classic Data)
Genauso fassen wir (und andere Profis aus der Branche) auch eine Restauration auf. Es geht also darum, das Fahrzeug in neuwertigen Zustand zu versetzen, so als hätte man es gerade frisch beim Händler gekauft.
Für eine Simson bedeutet das im Detail:
-Makelloses Blechkleid mit einwandfreiem Lack (ohne Dellen, Rost, Verformungen). Bzw. Tank und Seitendeckel bei S51/S50
-Vollständig revidierter Motor ohne verschlissene Teile im Inneren
– Allgemein keine verschlissenen oder defekten Teile am gesamten Fahrzeug
-Zu 100% mängelfrei und vollkommen einsatzbereit
-Insbesondere Kabel, Züge, Gummiteile, Reifen, Federung etc. sind erneuert, da diese Teile auch durch das Alter kaputt gehen (sogar wenn man nicht fährt)
Brauchst du Hilfe?
Um ein Fahrzeug von Grund auf zu erneuern, muss man logischerweise auch jedes Teil demontieren.
Also ist der erste Schritt bei einer Restauration die komplette Demontage – und zwar bis zur letzten Schraube.
I.d.R. läuft das wie folgt ab:
-Der Motor wird ausgebaut und auf der Werkbank komplett zerlegt. Anschließend wird alles gereinigt
-Am Fahrzeug wird der Lenker abgemacht und zerlegt
-Die Lenksäule wird aus dem Rahmen genommen und die Schwinge/Telegabel komplett zerlegt
-Anschließend werden alle restlichen Teile vom Rahmen demontiert.
Nun hat man hunderte Einzelteile vor sich. Jetzt ist Zeit für eine intensive Prüfung und die Projektplanung.
Diese Vorarbeit ist extrem wichtig.
Es muss bei jeden Teil entschieden werden, was damit passiert.
Es gibt 3 Optionen:
1.- Das Teil wird unverändert wieder montiert, da es in hervorragendem Zustand ist
2.- Das Teil wird überarbeitet, da es Mängel/Verschleiß hat
3.- Das Teil lässt sich nicht mehr retten und wird durch ein Neuteil ersetzt
Wird diese Prüfung nicht lückenlos durchgeführt, kann es fatale Konsequenzen haben.
Beispiel: Ein defekter Lagersitz im Motor wird übersehen. Der Motor wird komplett aufgebaut.
Ergebnis: Der Motor funktioniert nicht richtig. Der Motor muss nochmal komplett zerlegt und das Gehäuse getauscht werden. Schaden durch das „Übersehen“: 500 €+
Die Überprüfung aller Teile dauert lang. Wir reden von mehreren hundert Einzelteilen. Auch ein erfahrener Mechaniker wird mehrere Stunden damit beschäftigt sein, alles zu sichten & die notwendigen Arbeiten/Teile zu planen.
Es sollte jetzt auch klar sein, warum jede Restauration ein individuelles Projekt ist und warum man vorab keine Festpreise nennen kann.
Es sollte auch klar werden, dass eine Simson Restauration ein enormer zeitlicher Aufwand ist und kein „Wochenendprojekt“.
Nach erfolgreicher Projektplanung beginnen die Arbeiten am Rahmen.
Wenn man Glück hat ist das Blech nahezu rostfrei und ohne Dellen/Verzug. In diesem Fall kann direkt entlackt und lackiert werden.
Wenn das Blech größere Schäden oder Rostbefall hat, muss vorher der Spengler ran.
Ein Spengler kümmert sich darum, erstmal das Blech zu bearbeiten. Er richtet verzogene Blechteile oder tauscht diese komplett aus.
Allgemein ist es während der Bearbeitung empfehlenswert, eine Trockenmontage durchzuführen um die Passgenauigkeit aller lacktragenden Teile sicherzustellen.
Wenn das Blech in Ordnung ist, kann es mit dem Lackieren los gehen.
Bei einer ordentlichen Oldtimerlackierung sollte auf jeden Fall eine rostschützende Grundierung aufgetragen werden.
Der Bereich, wo die Schalen des Lenkkopflagers eingesetzt werden muss vor Lack geschützt werden, sonst lässt sich das Lenkkopflager nicht einbauen.
Ebenso sind Gewinde und die Gleitlagerstellen im Lenker zu schützen.
Auch jetzt sollte schon klar sein, dass eine Lackierung mehr ist als „einfach Farbe draufklatschen“.
ACHTUNG: Es gibt viele Simsons, die schlecht lackiert sind. Manche Fahrzeuge werden OHNE DEMONTAGE lackiert. Dabei werden alle Kabel und Gummiteile mit lackiert. Das ist extrem unprofessionell.
Als nächstes steht der Aufbau des Motors an.
Bei einer typischen Motorrevision werden grundsätzlich alle Lager, Dichtungen, Wellendichtringe, Schrauben, Muttern, Sicherungsbleche etc. erneuert – das ist Pflicht.
Darüber hinaus prüft man größere Teile (Getriebe, Zylinder, Kurbelwelle) gezielt. Man kann bei vielen Bauteilen nachmessen, wie hoch der Verschleiß ist.
Bei einer Simson ist das Getriebe ziemlich robust. Lediglich Schaltkugeln, Primärtrieb und Kickstarterwelle sind hier Schwachpunkte.
Ein weiterer Schwachpunkt sind die Kurbelwellen. Diese sind häufig verzogen.
Beim Zylinder kommt es auf den Kilometerstand an. Wenn der Zylinder erst einige tausend Kilometer gelaufen hat, kann er vermutlich noch weiter verwendet werden.
Sehr zu empfehlen ist der Umbau auf eine Elektronikzündung. Die Simson wird dadurch erheblich zuverlässiger.
Elektronikzündungen sind komplett wartungsfrei. Der Preis liegt bei ca. 300 € (nur Teile).
Bei einer Simson Restauration verbauen wir fast immer eine Vape-Elektronikzündung.
Es ist zwar nicht 100% originalgetreu, aber technisch weit überlegen. Unsere Kunden legen meist mehr Wert auf Zuverlässigkeit als auf Originalität.
Der komplette Aufbau des Motors dauert fast einen Arbeitstag, wenn keine größeren Schäden vorhanden sind. Die Teilekosten liegen mindestens bei einigen hundert Euro, können aber auch an im hohen 3-stelligen Bereich liegen (Wenn Vape + Tuning + viele Ersatzteile nötig sind).
Der letzte Schritt besteht darin, den Motor und alle restlichen Teile in/an den Rahmen einzubauen.
Dies ist ein enormer Aufwand.
Zunächst werden Anbauteile an den Rahmen montiert (Lagerschalen, Schwingenbuchsen etc.). Die komplette Lenkung wird vorbereitet. Die Schwinge wird neu aufgebaut.
Das Lenkkopflager wird erneuert und die neue Lenkung wird dann in den Rahmen eingesetzt.
Anschließend wird der Lenker aufgesetzt. Am Lenker müssen nun viele Dinge angeschlossen werden.
Im Lenker laufen viele Züge zusammen (Bremse, Kupplung, Gas, Starter). Zusätzlich sind dort viele Kabel angeschlossen.
Die Arbeiten am Lenker sind überraschend zeitintensiv, da auf geringem Raum viele Bauteile vorhanden sind.
Für den Laien ist zunächst nicht erkennbar, welcher Aufwand in der Fahrzeug-Montage steckt.
Es sind sehr viele kleine Teile an einer Simson, die alle einzeln mit viel Fingerspitzengefühl montiert werden müssen.
Bei vielen Teilen muss man zudem auf besondere Eigenheiten achten. Beispiel Seilzüge:
Geht man zu grob vor, kann leicht die Außenhülle aufreißen. Zudem kann man die Stahlhülle der Bowdenzüge verknicken, wodurch der Innenzug dann scheuert und schwergängig geht. Das Einbauen der Züge ist eine Arbeit, die Geduld erfordert.
Abgesehen davon müssen am Rahmen noch diverse weitere Teile montiert werden.
Tank, Sitzbank, Rücklicht, Blinker, Seitenhaube, Gummis, Zierleisten, Klappen, Schlösser, Tacho, Gummiteile, Benzinschlauch, Regler, gesamte Elektrik….
Die Liste an Teilen ist lang. Alles muss ordnungsgemäß montiert werden.
Der Zusammenbau eines Fahrzeugs nimmt je nach Modell meist 2-5 Tage in Anspruch.
Wenn endlich alles montiert ist, folgt die erste Fahrt. Typischerweise findet man auf dieser Fahrt noch einige Kleinigkeiten, die nachjustiert werden müssen.
Ggf. steht der Lenker noch nicht perfekt gerade oder die Züge müssen nochmal nachgestellt/eingestellt werden.
Der Vergaser ist vermutlich noch nicht perfekt eingestellt. Ggf. gibt es auch noch ein kleines Problem mit der Elektrik. Irgendetwas findet man immer noch.
Also bessert man noch einmal nach und führt dann die abschließende Testfahrt durch. Im Idealfall klappt jetzt alles perfekt.
Auf der Testfahrt wird ermittelt, ob die Simson den Anforderungen gerecht wird. Fahrwerk, Bremsen und Beleuchtung werden getestet.
Erst wenn die Testfahrt erfolgreich durchgeführt wurde, ist das Fahrzeug bereit für den Kunden.
Experten-Tipp:
Leider sehen wir im Internet (vor allem bei Ebay / Ebay-Kleinanzeigen) immer wieder spottbillige, restaurierte Simsons. Wir können nur dringend von diesen Angeboten abraten.
Fast immer verbirgt sich dahinter ein Fahrzeug, bei dem nur die Optik aufgehübscht wurde aber technisch noch vieles alt und verschlissen ist. Dies ist eine typische Taktik um unwissende Käufer über den Tisch zu ziehen. Wir haben jede Woche Kunden hier, die auf solche Angebot hereingefallen sind und dann bei uns nochmal diverse Reparaturen durchführen lassen müssen.
Es ist nicht zwingend eine Vollrestauration notwendig. Um Simson zu fahren, reicht es, wenn die Technik funktioniert.
Der größte Kostenfaktor ist die Demontage/Montage und die Lackierung (mit ggf. Spenglerarbeiten).
Wer bereit ist, auf neuwertigen Lack zu verzichten, kann daher sehr viel Geld sparen.
Das geht natürlich nur, wenn der Rahmen grundsätzlich in Ordnung ist und keine großen Schäden hat.
Man kann gezielt die fahrrelevanten Bauteile restaurieren.
Beispiel:
Oft führen wir z.B. eine Motorrevision inkl. Erneuerung von Zügen und Kabelbaum durch. Dazu noch kleine Arbeiten wie z.B. Bremsen, Federung oder Lenkkopflager.
Danach funktioniert alles, was man zum fahren braucht, problemlos.
Für viele Leute reicht das.
Die Kosten für so eine „reine technische Restauration“ starten bei ca. 2.000 €. Man ist danach genauso zuverlässig unterwegs wie mit einer voll restaurierten Simson. Lediglich die Optik unterscheidet sich deutlich.
Die meisten Leute werden beim Kauf von fertig restaurierten Simsons „verarscht“. Oft sieht man auf Ebay solche Angebote:
„Simson Schwalbe KR51/1 komplett restauriert für 2490 €“
Viel muss man dazu eigentlich nicht mehr sagen. Zieht man hier noch den Fahrzeugpreis für das Ausgangsfahrzeug ab, liegt man bei einem „Restaurationspreis“ von ca. 1500-2000 €.
Es sollte klar sein, dass man dafür garantiert kein voll restauriertes Fahrzeug bekommt.
Wir haben schon viele dieser Fahrzeuge in unserer Manufaktur eingeliefert bekommen (denn meistens kommen die Leute damit nicht weit).
Diese „Billig-Restaurationen“ sind nur auf Optik ausgelegt. Der Lack ist auf den ersten Blick wie neu (meist aber schlecht und ohne gründliche Vorarbeit lackiert).
Die Motoren sind oft gar nicht revidiert, sondern nur schnell fit gemacht – Also Vergaser gereinigt, Zündung eingestellt und so läuft die Simson gerade so noch für eine kurze Probefahrt.
Kabelbaum, Reifen, Federn etc. wird nur geputzt und wieder eingebaut.
Jedem muss klar sein, dass man in ein solches Fahrzeug nochmal mindestens 2.000 Euro reinstecken muss, bis man wirklich Freude und Zuverlässigkeit hat.
Und zum Abschluss nochmal unsere Kontaktdaten, falls du deine Simson vernünftig restaurieren lassen möchtest: